Freu dich über ....

Wohltuend lebensbejahend sind die Aussagen von Papst Franziskus zu Lust, Leidenschaft und Sexualität in seinem nachsynodalen Schreiben „Amoris laetitia“ – „Freude der Liebe“.
Seine schöpfungstheologische Sicht der menschlichen Sexualität bewertet die sexuelle Lust als eine „Gefühlsregung“, die „als solche moralisch weder gut noch schlecht“ ist. „Wenn man beginnt, Begehren oder Abneigung zu empfinden, ist das weder sündhaft, noch tadelnswert.“
Der Papst meint in einer Passage, die mit „Die leidenschaftliche Liebe“ übertitelt ist: „Aus gutem Grund reicht eine Liebe ohne Lust und Leidenschaft nicht aus.“ „Begierden, Gefühle, Emotionen – das, was die Klassiker ‚Leidenschaften‘ nannten – nehmen einen wichtigen Platz in der Ehe ein.“
Der Sexualtrieb ist von seinem Wesen her begehrende Liebe, die aus einem triebhaft-affektiven Bedürfnis hervorgeht und Erfüllung im anderen sucht.
Dass in heterosexuellen Beziehungen die Frau für den Mann und der Mann für die Frau zum Gegenstand des sexuellen Verlangens werden, bedeutet daher noch nicht, dass sie zum Objekt eines Gebrauchs werden, der ihre Würde als Person zerstört. Der geliebte Partner selbst verlangt ja danach, vom anderen begehrt zu werden.
Der Papst weist im Kapitel „Gott liebt das frohe Genießen seiner Kinder“ darauf hin, dass es „einen erzieherischen Weg, einen Prozess verlangt, der Verzicht einschließt“. Er formuliert auch eine Absage gegen „einige geistliche Strömungen, die darauf bestehen, das Begehren zu besiegen.“ Seine Botschaft dagegen lautet: „Wir glauben, dass Gott das frohe Genießen des Menschen liebt, dass er alles erschuf, damit wir es genießen‘ (vgl. 1 Tim 6,17).“ Der Genuss „verdient, ganz gelebt zu werden.“ Im Kapitel „Die erotische Dimension der Liebe“ spricht er davon, dass „Gott selbst die Geschlechtlichkeit erschaffen hat“ und dass wir „die erotische Dimension der Liebe keineswegs als ein geduldetes Übel oder als eine Last verstehen dürfen, die zum Wohl der Familie toleriert werden muss, sondern wir müssen sie als Geschenk Gottes betrachten, das die Begegnung der Eheleute verschönert.“
Auch wenn Papst Franziskus die zu genießende Sexualität so positiv wahrnimmt, fordert er einen „gesunden Realismus“, denn Sexualität kann auch pervertiert werden. So weist er im Kapitel „Gewalt und Manipulation“ auf die „egoistische Befriedigung der eigenen Begierden“ hin und warnt vor der „giftigen Mentalität des Gebrauchens und Wegwerfens.“ Was glückende Sexualität ist, kann letztlich nur der oder die Einzelne bzw. das Paar entscheiden. Das bedeutet, dass Sexualität ein lebenslanger Such-, Aushandlungs- und Findungsprozess ist.
Autor: Mag. Franz Harant
Beziehungs-, Ehe- und Familienseelsorger der Diözese Linz
Geistlicher Assistent des Forum Beziehung, Ehe und Familie der KAÖ
Leiter der REGENBOGENPASTORAL ÖSTERREICH