Vorrang Mensch
Zu Beginn der Pandemie hat die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) im ÖGB einen Soziallehre-Fahrplan erarbeitet. Grundlage dafür war die „Christliche Soziallehre“ und die Frage war, ob diese 7 Orientierungen einer weltweiten Gesundheits- und Wirtschaftskrise standhalten würden.
Diese 7 Orientierungen waren: 1.: Vorrang Mensch: es darf nicht alles einer Kosten-Nutzung-Rechnung unterstellt werden, es muss immer um die Würde des Menschen gehen, wie es Kardinal Cardijn etwa formuliert hat. Der Erhalt des arbeitsfreien Sonntags wäre ein Zeichen dafür, dass es nicht nur um Profit, sondern um den Menschen geht. 2.: Gemeinwohl: alle Verantwortungsträger in Politik und Gesellschaft sind sich einig, dass Gemeinwohl wichtig ist, aber das funktioniert nur über das Engagement jedes Einzelnen und auch nur dann, wenn wir weltweit denken und nicht nur auf den eigenen Vorteil bedacht sind. 3.: gerechte Verteilung: die Exportverbote für wichtige medizinische Güter oder die Hamsterkäufe in den Lockdowns haben eindrucksvoll gezeigt, wie sehr dieser Wert in Krisenzeiten gefährdet ist. 4.: Subsidiarität, das Gegenteil von Zentralismus bedeutet, dass die Entscheidungen in kleinen Einheiten getroffen werden sollen, nur wo das nicht möglich ist, soll die nächstgrößere Einheit entscheiden. 5.: lebendige Demokratie: dieser Wert ist vor allem für die Katholische Aktion besonders wichtig: gesellschaftspolitisches Engagement von aktiven Bürgern, denen die Entwicklung nicht egal ist; Kardinal Cardijn hat den Weg deutlich vorgezeigt: er hat nicht nur in der Kirche gepredigt, er ist zu den Menschen gegangen und hat sie gefragt, wie es ihnen geht. Eines der Bücher von Bischof Weber trägt den Titel: „Bei den Leuten“. Das sollte Handlungsanleitung für die KA sein. 6.: Solidarität: gegenseitige Verantwortung füreinander zu übernehmen ist wichtig, weil nicht alle gleich betroffen sind von Krisen; daher sollen nicht alle gleich viel erhalten, sondern jeder das, was er braucht. 7.: Nachhaltigkeit: Papst Franziskus spricht dieses Thema immer wieder an, weil es so wichtig ist, dass wir darauf achten, dass auch unsere nachfolgenden Generationen gute Voraussetzungen für ein gutes Leben haben.
Andreas Gjecaj hat ein wichtiges Grundprinzip anhand von Verhandlungen, die die Gewerkschaft oft führen muss, sehr gut erklärt: es treffen sich Gruppen, die sehr unterschiedliche Ziele verfolgen, man stellt gewisse Handlungsrichtlinien außer Streit, man hört sich die Stellungnahmen an, verhandelt und schließt am Ende einen Kompromiss. Und dieser Kompromiss ist keine Niederlage, sondern immer eine Lösung.
In der anregenden Diskussion gab es viele Rückmeldungen und viel Zustimmung zu diesen 7 großen Themen. Hans Feischl, Geistlicher Assistent der KA, wünschte sich zum Schluss, dass die christliche Soziallehre nicht ein gut gehütetes Geheimnis bleibt, die in Sonntagspredigten erwähnt wird, sondern dass wir diese Werte mitnehmen und auch in unserem Alltag (in Beruf oder Schule, zu Hause in der Familie oder bei unseren Freizeitaktivitäten) integrieren.